Imperium – Universalismus – Nationalismus

Ein Jahrhundert russischer Geschichte. Vortrag von Prof. Dr. phil. Hans-Heinrich Nolte zum Nachlesen 

Am 22.03.22 war Hans-Heinrich Nolte in unserer Reihe Dienstag:Digital zu Gast. 39 Mitglieder und Gäste diskutierten engagiert mit. Auf ihren Wunsch hin hat Prof. Nolte seinen Vortrag zum Nachlesen online gestellt. Hier geht es zum pdf-Dokument.

Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine wirft viele Fragen auf. Strebt die derzeitige russische Regierung nach alter geopolitischer Macht und Größe? 
Vor hundert Jahren, 1922, wurde die „Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“ (UdSSR) gegründet. Zuvor war Russland ein Imperium mit kaiserlicher Dynastie, Staatskirche, Armee, adliger Elite, oppositioneller Intelligenz und in Kommunen organisierter Bauernschaft. In der Oktoberrevolution errang eine aus der Intelligenz geführte Partei unter der Führung W. Lenins die Macht. Um die antiimperialen Nationalbewegungen zu integrieren, wurde das ehemalige Imperium als Union nationaler Republiken organisiert.
Die Teilhabe am Sieg 1945 machte die UdSSR zur Weltmacht, die ideologisch die Führung des „sozialistischen Weltsystems“ beanspruchte, aber ökonomisch hinter dem kapitalistischen Weltsystem zurückblieb. Der Versuch, die Planwirtschaft mit Marktelementen leistungsfähiger zu machen (Perestroika), endete im Zusammenbruch der Zentralregierung. Alle nun selbständigen Republiken organisierten sich nach dem demokratischen Modell der 90er Jahre, obgleich weder soziale Abkömmlichkeit der Bürger*innen noch entsprechende Verfassungstraditionen – mit Ausnahme des Baltikums - vorhanden waren. Die Russländische Föderation wurde als Doppelstaat organisiert – den demokratischen Institutionen steht eine „Magistrale“ gegenüber, die auf einem Patronagesystem beruht. Diese Machtorganisation unter der Führung W. Putins sucht Legitimation über Expansionen.
Hans-Heinrich Nolte ist emeritierter Professor für Osteuropäische Geschichte am Historischen Seminar der Universität Hannover. Seine Forschungsschwerpunkte sind osteuropäische Geschichte, insbesondere Russlands und der UdSSR sowieWeltgeschichte. Er ist Gründer und heute Mitherausgeber der Zeitschrift für Weltgeschichte.

Dienstag:Digital macht im Sommerhalbjahr Pause und wird im Herbst fortgesetzt.