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NS-Justiz im Einsatz gegen die Bevölkerung in Niedersachsen
Sondergerichte wurden von den Nationalsozialisten schon im Frühjahr 1933 mit dem Ziel eingerichtet, auf juristischer Ebene gegen politische Gegner wie KPD- und SPD-Mitglieder vorzugehen. Das „Sondergericht für den Oberlandesgerichtsbezirk Celle beim Landgericht Hannover“ war zuständig für das heutige Niedersachsen ohne die Länder Braunschweig und Oldenburg. Ab Kriegsbeginn setzen die Sondergerichte auch die neu erlassenen Kriegsstrafgesetze durch. Ins Visier der Juristen geriet nun, wer „schwarzgeschlachtet“ oder geplündert hatte, wer ausländische Radiosender gehört oder Umgang mit Kriegsgefangenen hatte. Von September 1939 bis April 1945 fällte das Sondergericht Hannover in dreitausend Verfahren 210 Todesurteile und war damit integrativer Bestandteil des nationalsozialistischen Terrorsystems.
Erst 1983 wurden die Akten an das Hauptstaatsarchiv übergeben. So wurde die Forschung von Wolf-Dieter Mechler im Rahmen seiner Dissertation möglich. „Die Justiz selbst war an einer Aufarbeitung ihrer Geschichte wenig interessiert“, urteilte der Autor beim Erscheinen seiner Studie 1997. Mechler hat zahlreiche Fallgeschichten rekonstruiert und stieß dabei auch auf einen einzigartigen Fall, bei dem alle Beteiligten ihren Ermessensspielraum zu Gunsten des Angeklagten nutzen. Mit Hilfe eines medizinischen Gutachtens wurde ein wegen Plünderung von drei Garnrollen bereits zum Tode verurteilter Schmied aus Hannover in eine psychiatrische Klinik eingewiesen – und von dort wenig später entlassen.
Wolf-Dieter Mechler, geb. 1953, ist promovierter Politologe und Historiker. Er arbeitete im Stadtarchiv, im Historischen Museums Hannover und 2004/05 am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte Berlin. Von ihm stammen zahlreiche Publikationen und Ausstellungen zur hannoverschen Stadtgeschichte.
Hannover: Hahn, 1997. - 296 S. : Ill.
(Hannoversche Studien : Schriftenreihe des Stadtarchivs Hannover ; Band 4)
ISBN 978-3-7752-4954-6