Die 1920er in Hannover: Inflation, Nostalgie und Fortschrittsglaube

Hannovers Altstadt 1924: Szenenbild aus dem Film "Der Kriminalfall in Hannover"
Hannovers Altstadt 1924: Szenenbild aus dem Film "Der Kriminalfall in Hannover".

Im Jahr 1923 war die Inflation so rasant, dass Geld beim Ausgeben nur noch einen Bruchteil seines Ausstellungswertes besaß. Löhne konnten nicht so schnell angepasst werden, wie Warenpreise stiegen. Das führte zur Entwertung sowohl des Lohns als auch des Ersparten. Mitte November 1923 kostete eine Straßenbahnfahrt beispielsweise 55 Mio. Mark. Erst die Einführung der Rentenmark am 15. November 1923 stoppte den Abwärtstrend. Etwa zwanzig Prozent des städtischen Haushaltes mussten für „Armenpflege und Fürsorge“ ausgegeben werden. Kohlelieferungen aus dem von Frankreich besetzten Ruhrgebiet fielen aus, teure englische Kohle muss importiert werden.

Das Onlineshop-Team der Museumsfreunde hat eine Auswahl von Medien zusammengestellt, die das Leben im Hannover der Weimarer Republik in zahlreichen Facetten zeigen. Traurige Berühmtheit in der ganzen Republik erlangte Hannover 1924, als die Mordserie von Fritz Haarmann an mindestens 24 jungen Männern aufgedeckt wurde. Bereits dreieinhalb Wochen nach seinem Geständnis hatte die Hamburger Firma „Filmhaus Krüger & Co.“ einen zwanzigminütigen Dokumentarfilm über den Fall gedreht. Ein fünfminütiges Fragment des Films wurde im Staatlichen Filmarchiv der DDR konserviert. Die Gesellschaft für Filmstudien e.V. hat es digitalisiert und auf DVD zugänglich gemacht. Sehenswert aus heutiger Sicht ist das Fragment vor allem, weil es die ältesten überlieferten Filmbilder aus der Innenstadt und Altstadt Hannovers zeigt. 

Literatur zu Hannover in der Weimarer Republik
Literatur zu Hannover in der Weimarer Republik

1928 wurden gleich zwei Bauvorhaben der Superlative vollendet: Die damals größte Binnenschifffahrtsschleuse Europas in Anderten und das Anzeiger-Hochhaus, mit dem sich der Verleger August Madsack ein Denkmal setzte. Hannovers erstes Hochhaus entstand in einem rasanten Tempo: In nur 14 Tagen war der Rohbau der Kuppel fertig. Zwei zeitgenössische Dokumentationen über diese spektakulären Bauprojekte sind auf der DVD "Vom Bau" zusammengefasst. 

Die 1920er Jahre faszinieren auch deswegen, weil viele sich fragen: Gibt es heute, 100 Jahre später, parallele Entwicklungen? Und können wir etwas aus den Fehlern der Weimarer Republik lernen? In der Reihe „Hannoversche Studien“ sind schon in den 1990er Jahren mehrere Monographien erschienen, die die Gesellschaft dieser Epoche am lokalen Beispiel unter die Lupe nehmen. Wie Ines Katenhusen in „Kunst und Politik“ zeigt, war die Kulturszene Hannovers in den 1920er Jahren tief gespalten: in Progressive, die sich in der Rolle des Bürgerschrecks gefielen, Konservative, die die Welt des Kaiserreichs bewahren wollten, und Völkisch-Nationale, die ihre Hoffnungen in das „nordische Ariertum“ setzten. Da der Titel nicht mehr der Buchpreisbindung unterliegt, können wir ihn zum günstigen Preis von 14,80 Euro anbieten. 

Adelheid von Saldern und Doris Marquardt befassen sich mit Lösungsansätzen gegen die Verelendung breiter Bevölkerungsschichten in der Wirtschaftskrise. Während von Saldern unter dem Titel „Neues Wohnen“ die Wohnungspolitik und Wohnkultur im Hannover der Zwanziger Jahre unter die Lupe nimmt, untersucht Marquardt die Sozialpolitik und Sozialfürsorge der Stadt Hannover in der Weimarer Republik.Sie zeigt, wie in der Weimarer Republik mit großen Ambitionen ein professionelles Unterstützungssystem aufgebaut wurde, das aber schnell vor der großen Not kapitulierte.

Natürlich gibt es auch die passenden Briefkarten im Onlineshop mit historischen Fotos vom Café Kröpcke und der als „Klein Venedig“ bekannten Leineinsel. Für nostalgische Grüße oder als Wanddeko, die für Gesprächsstoff sorgt.